Die Geschichte von Pavel Steiner: Aus dem Lokführerstand über das Fußballtor bis zur Partnerschaft mit FlixBus
Seine Karriere als professioneller Fußballtorwart war lang und ziemlich erfolgreich. Seine nächste Lebensphase – als Unternehmer – ist aber noch weitaus erfolgreicher. Und wenn er auf seinem Weg auch harte Lebenslektionen und Stürze einstecken musste, gelang es ihm doch schrittweise, die Gesellschaft Umbrella Mobility aufzubauen, die heute über 400 Menschen beschäftigt und deren Jahresumsatz 1 Milliarde Kronen übersteigt. Was hat Pavel Steiner alles in den 20 Jahren seiner Sport- und den 15 Jahren seiner Business-Laufbahn erlebt?
Pavel Steiners Fußballkarriere begann in seinem Geburtsort Blížejov, einem zehn Kilometer von Domažlice entfernten Dorf. Während er in Blížejov und anschließend auch in Milavče als Stürmer über den Platz lief, wurde er in seinem folgenden Engagement in Horšovský Týn im Alter von 15 Jahren das erste Mal ins Tor gestellt – und dort blieb er dann. Zwei Jahre später führten seine Schritte zum Viertligisten Přeštice und gleichzeitig auch nach Cheb, wo dieser Absolvent der Pilsner Berufsschule für Verkehr als Lokführer zu arbeiten begann. Um nicht zwischen Blížejov, Přeštice und Cheb pendeln zu müssen, vereinbarten ihm die Vertreter des Fußballklubs Přeštice eine Verlegung nach Zdice, so dass all seine Wirkungsorte wenigstens auf einer Strecke lagen.
Nach einem knappen Jahr, das er als Lokführer in Zdice und als Fußballer in Přeštice verbrachte, trat ein grundlegender Wendepunkt in seiner sportlichen Karriere ein – die Fußballmannschaft Přeštice schlug im Tschechoslowakischen Pokal Viktoria Žižkov, und es folgte das Heimspiel mit dem berühmtem FK Dukla Prag. Dukla gewann zwar schließlich knapp, aber der junge Torwart wurde bei beiden Spielen aufmerksam vom legendären Dukla-Trainer Ivo Viktor beobachtet. Und nach dem Spiel lud er ihn zu Tests nach Prag ein. Nach einer Woche in Prag teilte er ihm mit, dass er ihn in den Klub, der damals ein Militärklub war, aufnimmt.
Es kam jedoch zu einer kuriosen Verwicklung – als Pavel Steiner als Soldat den Grundwehrdienst antreten sollte, zeigte sich, dass er als Lokführer das „Blaue Buch“ (Ausweis über die Befreiung vom Wehrdienst) hat. Als einer der wenigen Bürger der damaligen sozialistischen Republik beantragte er daher bei der Militärverwaltung in Domažlice die Aufhebung seiner Befreiung, was seine Umgebung verwunderte. „Der Vater hat mir damals gesagt, dass mich das Militär, wenn es bei Dukla nicht klappt, zur Strafe irgendwohin nach Trebišov schicken wird, um sich an mir zu rächen,“ lacht Pavel Steiner heute bei dieser Erinnerung. Zum Glück hat es bei Dukla geklappt. Paradoxerweise hat er das „Blaue Buch“ aber nach weiteren 13 Monaten zurückbekommen. Dukla wollte nämlich, dass er einen Profivertrag mit Dukla unterzeichnet, was er als Soldat im Grundwehrdienst nicht gekonnt hätte. Und so steuerte er dank der Beziehungen zu Dukla zuerst ins Militärkrankenhaus und dann umgehend wieder zur Militärverwaltung, wo man ihm in Folge schon den zweiten Ausweis über die Befreiung vom Militärdienst ausstellte.
Die Samtene Revolution traf ihn bei Dukla an und eröffnete ihm völlig neue sportliche Möglichkeiten. Gleich am 4. Januar 1990 fuhr Dukla zum Hallenturnier im westdeutschen Bayreuth. Für den Sieg hier kassierte Pavel Steiner damals unglaubliche 450 Mark. Drei Tage später flog die Mannschaft nach Istanbul, wo Dukla unter anderem gegen Ajax Amsterdam spielte. „Und dort bin ich erstmals Edwin van der Sar begegnet,“ erinnert sich Pavel Steiner. In Istanbul blieben auch alle seine westdeutschen Mark, für die er der Familie und sich Geschenke kaufte.
Für Dukla Prag stand Pavel Steiner bis 1992 im Tor, von wo er dann im Alter von 23 Jahren nach Deutschland wegging. Für ein halbes Jahr führte sein Weg zum SSV Jahn Regensburg, danach folgte ein Engagement bei der SpVgg Unterhaching und schließlich bei den Stuttgarter Kickers. In Stuttgart verdrehte ihm der Erfolg aber den Kopf, und anstelle des Wechsels zum VfB Stuttgart, der an ihm Interesse zeigte, folgte eine harte Lebenslektion und die Rückkehr nach Tschechien. „Damals habe ich den Erfolg im Kopf nicht ausgehalten. Ich hatte das Gefühl, das sich Weltmeister bin, und statt demütig zu sein, habe ich begonnen, mir Unfug auszudenken.“ Der Wechsel klappte nicht, und die Kickers verabschiedeten sich von ihm. Er kehrte nach Hause zurück und fing von vorn an.
Nach einem Jahr kehrte er aber doch wieder nach Deutschland zurück. Nach kürzeren Engagements beim slowakischen FC Petržalka 1898 und beim griechischen AO Kavala ging er zum VfB Oldenburg. Ein weiteres interessantes Angebot kam vom chinesischen Guangzhou, wo er zwei Saisons spielte. Nach der Rückkehr aus China spielte er für den ukrainischen FK Krywbas Krywyj Rih und den israelischen Maccabi Kafr Kanna F.C. „In Israel sind damals gerade Bomben hochgegangen. Nach den Spielen sind wir mit den Mitspielern nach Haifa ans Meer zum Baden gefahren. Und einmal ist in Haifa in einem Restaurant, etwa dreißig Minuten, nachdem wir es verlassen hatten, eine Bombe explodiert. Es gab 14 Tote. Das war der Wendepunkt. Meine Mutter hat am Telefon geweint, dass sie das nicht aushält, und daher habe ich mich mit dem Klub auf eine Beendigung des Vertrags geeinigt und bin nach Hause geflogen.“
In Prag hat er dann seinen letzten professionellen Vertrag unterzeichnet – er steuerte zu seinem Herzensklub FC Bohemians Prag, in den ihn die Trainer Zdeněk Hruška, Karel Dobiáš und Antonín Panenka lockten. Seine Karriere näherte sich aber schon langsam dem Ende, und als er sich im Wintertrainingslager im Alter von 35 Jahren zum dritten Mal einen Bänderriss am Knie zuzog, war sie definitiv beendet. In dieser Zeit bewegte er sich aber teilweise auch schon in der Welt des Business. In Prag betrieb er ein eigenes Café und half als Manager beim Viertligisten Libuš aus. Gerade in Libuš nutzte er zum ersten Mal die während seiner Fußballkarriere geknüpften Kontakte. Mit der katharischen Mannschaft vom Al-Arabi SC, für die damals die bekannten Fußballer Stefan Effenberg und Gabriel Batistuta spielten, vereinbarte er, dass sie zu einem dreiwöchigen Trainingslager nach Tschechien kommt. Und die Mannschaft Libuš spielte schließlich gegen den Al-Arabi SC auch ein Freundschaftsspiel, zu dem in Libuš nie gesehene 3000 Besucher kamen.
Außerdem arbeitete Pavel Steiner aber teilweise auch in der Firma Bohemia Air, die einem weiteren Bekannten aus der Fußballwelt – Hans Spycher – gehörte. Er machte dafür sogar den Pilotenschein, durch den er seine Sammlung an Führerscheinen erweiterte. Und gerade während der Arbeit für Bohemia Air entdeckte er seine künftige Unternehmensbranche. Als er nämlich für VIP-Kunden, die mit Privatflugzeugen nach Prag flogen, den Transport vom Flughafen organisierte, gelang es ihm nicht, eine Firma zu finden, die die Dienstleistungen in der Qualität angeboten hätte, wie er und seine Kunden sich das vorstellten. Also gründete er selbst eine solche Firma.
Damals kaufte er noch unter der Marke Limousine Car Service die erste Limousine Audi A8, zu der sich bald ein Mercedes Klasse S und ein Minivan Mercedes Viano gesellten. In den ersten anderthalb Jahren des Funktionierens der Gesellschaft nahm er selbst die Aufträge entgegen und verteilte sie unter den Fahrern, und wenn es gerade keinen freien Fahrer gab, übernahm er die Fahrt auch selbst. Anderthalb Jahre arbeitete er 365 Tage rund um die Uhr. Im Jahr 2006 erlebte die sich vielversprechend entwickelnde Firma allerdings den Niedergang, nachdem sein Geschäftspartner sie verschuldete. Um sie erneut aufbauen zu können, verkaufte er sein gesamtes Eigentum, einschl. des gut laufenden Cafés. Schließlich gelang es ihm, das Business erneut anzukurbeln, und nachdem die Gesellschaft auch die schwere Zeit der Wirtschaftskrise überlebt hatte, machte er aus ihr einen starken Wettbewerber auf dem Markt des Individualverkehrs.
Die Firma Limousine Car Service beschäftigte über 100 Fahrer und übernahm monatlich 8500 Aufträge. Zu den Kunden gehörten Gesellschaften wie DHL, IBM, PPF und InBev. 10 Jahre stellte sie exklusiv den Transport in ganz Europa für die Gesellschaft ExxonMobil sicher. Der Fuhrpark vergrößerte sich schrittweise auch um Autobusse, dank denen die Firma für ihre Kunden auch die Beförderung einer größeren Anzahl an Fahrgästen sicherstellen konnte. Sie konzentrierte sich außerdem auf Outgoing- und Incoming-Verkehr.
2014 gab es einen weiteren wesentlichen Wendepunkt– Pavel Steiner schloss eine Partnerschaft mit dem deutschen Verkehrsunternehmen FlixBus, für das er begann, internationale Buslinien sicherzustellen. In den ersten Monaten handelte es sich um die Prag – Mainz und Prag - Düsseldorf, zu denen bald die Linien Prag – Hamburg und Prag – Wien – Berlin hinzukamen. Das Bus- und Limousinen-Business lief unter der Marke Umbrella. „Sie entstand zufällig. Ich hatte damals mehrere Firmen, die zum Beispiel Autowäsche oder Event-Dienstleistungen sicherstellten, und die Kunden wollten von mir, dass ich sie unter einer Gesellschaft zusammenfasse – ihnen sozusagen ein Dach gebe. Lange Zeit fiel mir kein Name ein, aber dann während der Fußballeuropameisterschaft in der Schweiz und in Österreich im Jahr 2008 spielte ich Golf mit Jan Hlaváček, dem Braumeister der Pilsner Brauerei. Es begann zu regnen und er rief mir zu: Gib mir diesen Umbrella. Und in diesem Augenblick war mir alles klar. Welches andere Dach als einen Regenschirm sollten meine Firmen denn bekommen?“ lacht Pavel Steiner heute.
Die Partnerschaft mit FlixBus machte sich für beide Seiten mehr als bezahlt, und so starteten sie gemeinsam im Jahr 2017 auch innerstaatliche Linien – durch Tschechien fuhren 33 grüne Umbrella-Busse mit dem FlixBus-Logo. Pavel Steiner bereitete mit seinem Team für FlixBus auch in Tschechien das gesamte Umfeld einschl. der Verkaufsniederlassungen in Prag und in Brünn vor. Um sich auf das Bus-Business konzentrieren zu können, verkaufte er im Frühling 2016 die Firma Limousine Car Service. Und die Zusammenarbeit mit FlixBus ging weiter. „ Bereits als wir für FlixBus das Netz innerstaatlicher Linien aufbauten, wussten wir, dass wir es tschechischen Verkehrsunternehmen übergeben werden. Wir wollten uns nämlich auf die internationalen Linien konzentrieren. Die Gesellschaft Umbrella zog sich so nach kurzer Zeit komplett aus den innerstaatlichen Linien zurück, und die Busse, die auf ihnen fuhren, versetzten wir auf die internationale Linien, insbesondere nach Skandinavien,“ erklärt er.
Heute stellt die Prager Umbrella in Zusammenarbeit mit FlixBus die Beförderung in ganz Europa sicher. Aus ihren Niederlassungen in Kopenhagen, Hamburg, Berlin und München koordiniert sie monatlich 5400 Verbindungen, die mehr als 500 Destinationen in 19 Ländern Europas verbinden. In den nächsten Jahren plant sie außerdem die Eröffnung weiterer Niederlassungen in Paris und Amsterdam. Die Umbrella ist heute einer der wichtigsten FlixBus-Partner in Europa, in der Qualitätsbewertung ist sie unter den TOP 20 der Verkehrsunternehmen im gesamten FlixBus-Netz. Neben der Zusammenarbeit mit FlixBus widmet sich die Firma aber auch dem Stadt- und Nahverkehr (seit 2019 betreibt sie Stadt- und Nahverkehrslinien in Hamburg, in diesem und im nächsten Jahr kommen München und Berlin hinzu), dem Outgoing- und Incoming-Verkehr und schlüsselfertigen Reisedienstleistungen sowie der Vermietung von Schiffen und Jachten.
Aus der Gesellschaft Umbrella wurde mit den Jahren eine Firma, die in Tschechien und in Deutschland mehr als 400 Menschen beschäftigt. „Als ich 2014 den Vertrag mit FlixBus unterzeichnet habe, kam ich mir ein bisschen vor wie Petr Janda, wie er in diesem Lied singt: „Ich, ich, ich, immer nur ich“. Aber die Zeit, in der ich mich persönlich damit befassen musste, dass wir zum Beispiel kein Toilettenpapier in den Bussen habe, ist zum Glück vorbei,“ erinnert sich Pavel Steiner. „In diesen wenigen Jahren hat die Umbrella einen riesigen Sprung gemacht. Heute habe ich ein Team aus guten Leuten um mich, die in der Lage waren, sich meine Prinzipien anzueignen, an einem Strang zu ziehen und gemeinsam zu funktionieren. Und ich spüre direkt greifbar, wie die Firma angezogen hat, wie sie nach oben strebt. Es ist, wie man einen höheren Gang eingelegt hat, ohne sich das überhaupt bewusst gemacht zu haben.“
Pavel Steiner befasst sich in seiner Firma heute mit der künftigen Entwicklungsstrategie, der Auswahl des Fuhrparks, der Verhandlung mit Finanzinstituten, Leasinggesellschaften und Buslieferanten. Auf seinen Schultern ruhen auch der geschäftliche Teil und die Kommunikation mit dem wichtigsten Partner FlixBus. In seiner Freizeit kann er so gelegentlich auch zum Fußball zurückkehren – für Amfora fängt er pro Jahr bei 8 bis 10 Spielen als Torwart. „Mit Amfora ist das eher ein gesellschaftliches Ereignis denn ein Fußballwettkampf. Es wird zwar nicht sehr gesprintet, aber auf der anderen Seite muss man immer gut aufpassen, wenn Petr Salava, Karel Dobiáš, Antonín Panenka, Přemysl Byčovský oder Jan Berger auf dem Spielfeld auftauchen, was sie wieder für Kindereien ausgeheckt haben,“ lacht er. Im Sommer begibt er sich dann gern ans Meer, wo er hinter dem Ruder der Jacht „Umbrella Victoria“ entspannt.
Foto: Umbrella Mobility/Greta Blumajerová und Archiv von Pavel Steiner