Interview mit Pavel Steiner, 1. Teil: Wäre der Fußball nicht gewesen, hätte ich im Business nie Erfolg gehabt
Der Verkehr ist seine Leidenschaft und seine Berufung. Der ehemalige professionelle Fußballtorwart Pavel Steiner kann eine Lokomotive, ein Flugzeug, eine Jacht und auch einen Bus fahren. Und gerade auf dem zuletzt genannten Verkehrsmittel hat er sein Business aufgebaut. Nach der erfolgreichen Sportkarriere gründete er die Gesellschaft Umbrella, die heute zu den größten Partnern des deutschen Verkehrsunternehmens FlixBus gehört. Unter anderem befördern die Umbrella-Busse FlixBus-Kunden durch ganz Europa und dienen den Hamburger Einwohnern im Stadt- und Nahverkehr. Außerdem befasst sich die Umbrella aber auch mit dem Incoming- und Outgoing-Verkehr, stellt für Kunden schlüsselfertige Reisedienstleistungen sicher und vermietet Schiffe und Jachten in beliebten Segeldestinationen auf der ganzen Welt.
Sie verheimlichen nicht, dass Sie heute kein erfolgreicher Unternehmer wären, wenn der Fußball nicht gewesen wäre. Welche Lehre hat Ihnen Ihre sportliche Karriere erteilt?
Es waren gleich mehrere und sie kamen schrittweise. Meine Sportkarriere begann ich als Stürmer im heimischen Blížejov, was ein Dorf bei Domažlice ist. Ich kam dann über eine weitere Station nach Horšovský Týn, wo ich mich das erste Mal ins Tor stellte und Torwart wurde, und mit 17 Jahren folgte der Wechsel zum Viertligisten Přeštice. Damals studierte ich aber gleichzeitig an der Berufsschule für Verkehr, und die Schule schickte mich nach dem Abschluss zum Praktikum nach Cheb. Und jetzt stellen Sie sich das auf der Landkarte vor – ich habe als Lokführer in Cheb gearbeitet, gleichzeitig das Aufbaustudium in Ostrov nad Ohří gemacht, für Přeštice gespielt und in Blížejov gewohnt. Meine ganze Jungend habe ich so eigentlich im Zug auf der Fahrt zwischen Internat, Wohnheim, Stadion und Zuhause zugebracht. Die Přešticer haben für mich dann die Verlegung von Cheb nach Zdice organisiert, so dass ich mich wenigstens auf ein und derselben Strecke bewegt habe. Aber dennoch war das für einen jungen Kerl nicht einfach. Eine wirklich raue Schule habe ich aber erst in Deutschland bekommen.
Nach Deutschland sind Sie 1992 gegangen, als Sie 23 Jahre alt waren. Sie haben von Dukla Prag zum Zweitligisten SSV Jahn Regensburg gewechselt. Ich nehme an, dass der Grund die bessere Bezahlung war?
Ja, genau. Bei Dukla habe ich als Grundgehalt 9 000 Kronen bekommen, und einschl. der Prämien für die Wettkämpfe habe ich um die 50 000 Kronen bezogen, was in dieser Zeit unglaublich viel Geld war. Ich habe mir auch als Soldat im Grundwehrdienst 1991 einen Favorit für 92 000 gekauft! Einen braunen mit weißen Alufelgen. Ein hervorragendes Auto, ich war ein großer Herr. Aber ich war ein junger Kerl und habe gedacht, dass die ganze Welt nur auf mich wartet. Ich wollte mindestens 100 000 monatlich kriegen, und in Regensburg hat man mir damals wirklich 5 000 Mark gegeben und dazu noch einen Dienstwagen. Eine Mark waren damals 25 Kronen, also das konnte man wirklich nicht vergleichen. Ein halbes Jahr später in München hatte ich sogar 8 000 Mark Gehalt.
Hat Sie das beeinflusst?
Ja, selbstverständlich. Aus München wechselte ich dann zum Zweitligisten Stuttgarter Kickers, was ein hervorragendes Team war, außerdem hat man sich dort hervorragend um mich gekümmert. Und gerade dort hat mir das Leben die erste ordentlichen Lektion verpasst. Damals lief es bei mir wirklich gut, und nach einiger Zeit habe ich das Angebot bekommen, zum Erstligisten VfB Stuttgart zu wechseln. Nur fühlte ich mich damals als Weltmeister, ich habe den Kopf hochgetragen und statt demütig zu sein, habe ich mir Unsinn ausgedacht. Ich war davon überzeugt, dass ich, wenn mich der VfB will, nicht so viel trainieren muss, dass ich mich nicht unterordnen muss, weil ich ja schließlich wer bin. Mir hätte ein ordentlicher Schlag ins Gesicht gehört… Ich habe den Erfolg einfach im Kopf nicht auf die Reihe bekommen. Der Wechsel zum VfB hat nicht geklappt, und die Kickers musste ich verlassen. Weil man mich für einen arroganten Trottel gehalten hat, wollte man mich dort nicht mehr haben. Ich hatte mir eingebildet, dass ich Star bin, dass ich für die Nationalmannschaft im Tor stehen werde. Aber da hatte ich mich geirrt. Es ist wichtig zu sagen, dass ich nie ein Spitzentorwart war. Ich war besserer Durchschnitt. Ich sage immer, dass ich nicht so sehr viel konnte, aber dass ich so groß bin, dass alle mich getroffen haben. Und darüber hinaus, habe ich mich nie gefürchtet und mich kopfüber in alles gestürzt. Heute weiß ich selbstverständlich schon, dass ich diese Lektion dringend nötig hatte, aber damals war mir das nicht bewusst. Ich hatte das Gefühl, dass alle mir Unrecht tun.
Was haben Sie nach diesem Rausschmiss gemacht?
Ich hatte bei den Kickers einen hervorragenden Trainer – Wolfgang Wolf, der mir sehr geholfen hat. Selbstverständlich „geholfen“ aus heutiger Sicht, damals habe ich das anders gesehen. Er hat mir geraten, nach Tschechischen zurückzukehren und wieder neu von unten anzufangen. Er hat mir gesagt: „Bring dich in Ordnung, fang wieder an regelmäßig zu halten, und dann kommst du zurück. Und er hat mir auch ermöglicht, mich aus dem Vertrag auszulösen, was damals sehr ungewöhnlich war. Für das Geld, das ich in Stuttgart verdient hatte, habe ich mich so selbst ausgekauft. Und bin nach Hause zurückgekehrt.
Nach kurzen Engagements beim slowakischen Petržalka und griechischen AO Kavala sind Sie auch nach Deutschland zurückgekehrt.
Ja, es lief genauso, wie mir Wolfgang Wolf geraten hat. Inzwischen hatte ich aber auch einige weitere Lebenslektionen gelernt, auch wenn ich sie diesmal nicht selbst verschuldet hatte. Bei Petržalka hat unter anderem der Klubeigentümer mit der Pistole auf mich gezielt, in den Tiefen des Stadions habe ich Prügel bezogen, weil ich nicht bereit war, so zu spielen, wie es die Eigentümer wollten – auf ein vorher festgelegtes Ergebnis… Das war eine wertvolle Lehre. Und der griechische Klub wiederum hatte riesige finanzielle Schwierigkeiten. In Deutschland habe ich dann ein Jahr für Oldenburg gespielt, woran ich mich gern erinnere. Die deutsche Mentalität kam mir entgegen, darüber hinaus sind die Leute in Oldenburg sehr angenehm.
Was haben Sie beim Aufenthalt in China gelernt, wo Sie zwei Saisons im Tor standen?
Der Aufenthalt in China war ein Erlebnis, das mich grundlegend geformt hat. Ich habe dort wirklich richtig groß Geld verdient, das ich später für den Anlauf und anschließend auch für die Rettung meines Business verwendet habe. Aber vor allem habe ich dort unglaubliche Lebenserfahrungen gemacht. Es ist ein Land mit riesigen Extremen. Ehe ich den Vertrag bekam, verbrachte ich sechs Wochen im Trainingslager in Kunming, wo zentral alle chinesischen Fußballmannschaften trainierten. Ein ehemaliges Lager in 2600 Meter Höhe. Aus einem Loch in der Wand floss Wasser, das andere Loch im Fußboden war die Toilette. Ich habe angezogen geschlafen, weil es dort schrecklich kalt war, die physischen Tests in dieser Höhe waren verrückt. Das war wirklich nur etwas für Resistente, viele haben es nicht ausgehalten und aufgegeben. Und Schnitt – als wir uns mit dem Klub nach sechs Wochen einig waren, brachte man mich in einem Fünf-Sterne-Hotel unter, wo es im Badezimmer goldene Hähne und im Zimmer eine Sauna und eine riesige Terrasse mit Blick auf das Meer gab. Und so ging es weiter. Ich habe für Kanton gespielt, was unten bei Hongkong ist, und wir sind zum Beispiel zu einem Spiel in den Norden nach Changchun geflogen. Ein Inlandsflug, der 4 ¾ Stunden dauerte. In Kanton waren es 27 Grad über Null und in Changchun minus 16 Grad und Schnee. Wir hatten einen Mitspieler aus Kamerun, der nur aus dem Flugzeug gestiegen ist, und sofort waren wir einer weniger, weil der sofort umfiel. Die Luftfeuchtigkeit in Kanton war um die 95 %. Das waren zwei Jahre unglaubliche Schinderei, und in der ganzen Zeit habe ich niemanden von der Familie gesehen, nur meine Schwester war einmal bei mir zu Besuch. Ein beliebter Satz im Team lautete damals: Meine Herren, zeigen Sie jetzt moralisch lockere Eigenschaften.
Für das harte Business-Umfeld eine gute Schule.
Ganz sicher. Wäre der Sport nicht gewesen, hätte ich nie machen können, was ich jetzt mache. Ich hätte das einfach nicht geschafft. Deutschland hat mich Zucht, Fleiß, Genauigkeit und Disziplin gelehrt, und China wiederum hat mir Widerstandskraft, Anpassungsfähigkeit, Kreativität, die Fähigkeit, wirklich alle Bedingungen zu überleben, und die Fähigkeit der Improvisation gegeben. Dieses Wort ist in China wichtig, weil man dort planen kann, was man will, und plötzlich ist alles anders. Was im Unternehmensbereich sehr ähnlich ist. In beiden Ländern musste ich mich außerdem um mich selbst kümmern und hart arbeiten. Was für mich aber nichts völlig Neues war – als ich 12 Jahre alt war, hatte mein Vater einen Infarkt. Wir hatten eine große Wirtschaft, weil wir sonst nicht über die Runden gekommen wären, und ich musste mich plötzlich um alles kümmern. Seit meinem 12. Lebensjahr bin ich gewohnt, hart zu arbeiten, also habe ich damit einfach weitergemacht – während meiner Fußball- und dann auch während meiner Business-Karriere. Und nicht zuletzt hat mich der Sport gelehrt, riesigen Druck auszuhalten. Als wir mit den Kickers in Kaiserslautern gespielt haben sind 40 000 Menschen gekommen, das war ein unglaublicher Kessel. In China waren es in Xi’an sogar 80 000 Leute. Und dann muss man sich in diesem Augenblick ins Tor stellen und diesen riesigen Druck aushalten. Ohne diese Fähigkeit, angespannte Situationen psychisch zu bewältigen, hat man im Unternehmen keine Chance auf Erfolg. Und ich habe in den letzten 15 Jahren mehrere Situationen erlebt, in denen der Druck so riesig war, dass ich nicht standgehalten hätte, wenn ich meine Erfahrungen und meine Resistenz aus dem Fußball nicht gehabt hätte.
Nach kurzen Engagements in der Ukraine und in Israel beendeten Sie 2004 Ihre Karriere bei den Prager Bohemians. Gleichzeitig hatten Sie aber bereits „nichtfußballerische“ Aktivitäten angekurbelt, und zwar gleich an mehreren Fronten. Wussten Sie damals schon, dass Sie Unternehmer werden?
Ich wusste immer, dass ich mit dem Fußball nicht so viel Geld verdienen werde, dass ich für den Rest meines Lebens abgesichert sein werde. So gut war ich nie. Und ich habe auch gewusst, dass ich kein Arbeitnehmer sein kann, weil mich das nicht befriedigen würde. Ich wollte immer etwas Kreatives machen, eine Tätigkeit, bei der ich etwas hinterlasse. Ich brauche im Leben Herausforderungen. Ich will mich jeden Morgen darauf freuen, dass ich heute etwas schaffen werde. Als ich 2003 zurückgekommen bin und angefangen habe, für die Bohemians zu halten, habe ich in Prag bereits ein Café betrieben, ich habe als Manager beim Viertligisten Libuš geholfen und außerdem meinen Pilotenschein gemacht.
Der Lokführer ist zu Flugzeugen übergelaufen?
Ja, richtig, aber nur für eine Weile. Und wieder war der Fußball schuld. ich begann mit der Bohemia Air zusammenzuarbeiten, einer Gesellschaft, die Hans Spycher gehörte, einem Schweizer, den ich in Stuttgart kennengelernt hatte und der großes Interesse hatte, mit mir zusammenzuarbeiten. Damals habe ich den Pilotenschein gemacht, weil es in der Firma jemanden geben musste, der wenigstens eine grundlegende Flugausbildung hat. Ich habe 172 Flugstunden absolviert, aber heute ist mein Pilotenschein verfallen. In der Bohemia Air habe ich damals beim Handling bzw. bei der vollständigen Umsorgung der Reisenden und des Flugzeugs geholfen. Das kam mir entgegen, weil ich mich immer mit den Leuten einigen und ihnen den Service bieten konnte, den sie gebraucht haben. Damals hatten wir ein großes Problem mit den Verkehrsunternehmen, die unsere Kunden vom Flughafen abholten Und irgendwann hat es mir keinen Spaß mehr gemacht, mich ständig damit zu befassen, und ich habe die erste Limousine gekauft. Einen Audi A8, Version Long, Kfz-Kennzeichen 4A8 30 30 – ich war damals in Prag ausgesprochen beliebt (Lachen). Wenn ich Zeit hatte, habe ich die Kunden auch selbst gefahren. Wenn nicht, hatte ich damals einige Fahrer, die ich anrufen konnte. Nach und nach wollten die Kunden aber auch etwas Besseres als nur einen Audi, und daher habe ich einen Mercedes Klasse S und danach auch einen Minivan Mercedes Viano dazugekauft, und plötzlich hatte ich schon drei Autos. Die Aufträge nahmen zu, Hans hatte Bohemia Air inzwischen verkauft, und ich begann, mich meinem eigenen Unternehmen zu widmen.
Eine andere Alternative als eine eigene Beförderungsfirma gab es damals nicht?
Darüber habe ich selbstverständlich nachgedacht. Ich habe mir gesagt: Gut, was kann ich eigentlich? Noch bei Dukla habe ich begonnen, an der Fakultät für Körperziehung und Sport zu studieren, aber ich habe sie nicht abgeschlossen, weil ich nach Deutschland gegangen bin. Also könnte ich vielleicht Trainer werden? Nein, das könnte ich ganz bestimmt nicht, dafür habe ich keine Nerven, da würde ich am Ende jemanden umbrettern (Lachen). Lokführer konnte ich auch nicht werden, weil inzwischen meine Lizenz verfallen war, und ich sie hätte erneuern müssen. Das Café war für mich eine reine Einkommensquelle, nicht mehr, und bei Libuš konnte ich auch nicht die Sachen machen, die ich machen wollte, ich musste mich der Leitung und den finanziellen Möglichkeiten unterordnen. Ich wusste, dass ich etwas für mich selbst machen muss. Und als sich diese Möglichkeit geboten hat, wusste ich, dass mir das Spaß machen wird. Es ist eine vielfältige Arbeit, bei der ich außerdem meine Sprachkenntnisse anwenden und verschiedenartige Kontakte nutzen kann.
Die Geschichte der Firma Umbrella begann also 2004?
Die ersten Autos kaufte ich bereits 2003, aber erst 2004 begann ich, mich dem Unternehmen wirklich voll zu widmen. Bei den Bohemians habe ich meine Karriere im Februar 2004 beendet, weil ich bereits den dritten Kreuzbandriss im Knie hatte. Es folgten drei Monate Therapie, und dann habe ich mich nur noch dem Business gewidmet. Das erste Dispatching hatte ich zu Hause in der Küche. Ich war die ganze Nacht auf Empfang, ich habe Aufträge erledigt und die Fahrer koordiniert, und um 7 Uhr morgens hat es bei mir geklingelt, dann ist die Dispatcherin gekommen und hat mich abgelöst. Die Nachbarn haben anfangs gedacht, dass ich ein Bordell zu Hause habe, weil sich die Fräulein bei mir die Tür in die Hand gegeben haben (Lachen). Ab 17 Uhr habe ich den Telefondienst wieder von der Dispatcherin übernommen und die ganze Nacht durchgemacht. Und wenn kein Fahrer frei war, dann bin ich auch gefahren. Zu Beginn war das wirklich die Hölle. Ich bin tagsüber vor dem Café auf dem Platz Náměstí Jiřího z Poděbrad herumgelaufen, habe mit den Armen gewedelt wie ein Irrer, in einem Ohr hatte ich den Kopfhörer vom Telefon, im anderen den Kopfhörer vom Funkgerät, und ich habe abwechselnd mit den Kunden gesprochen und die Fahrer dirigiert. Die Vorübergehenden müssen gedacht haben, dass ich verrückt bin.
Wie lange haben Sie das so ausgehalten?
Anderthalb Jahre war ich wirklich 365 Tage rund um die Uhr am Telefon. Es ist üblich vorgekommen, dass mich ein Kunde aus Amerika 3 Uhr morgens angerufen hat. Ich bin aufgewacht, habe neben dem Bett nach dem Telefon gegriffen, mich Englisch oder Deutsch mit dem Kunden verständigt und den Auftrag übernommen. Ich wusste genau, wer mich anruft, aus welcher Firma, wen wir von wo nach wo fahren. Dann habe ich aufgelegt, mich hingelegt und bin wieder eingeschlafen. Morgens bin ich aufgestanden, habe mein Notizbuch genommen und alles darin eingetragen. Ich musste mir alles merken. Und dann habe ich angefangen, diese Arbeit unter den Fahrern aufzuteilen. Aus meiner Küche sind wir im Sommer 2005 in ein Büro umgezogen und die Firma begann zu wachsen.
Wer gehörte zu Ihren Kunden?
Wir hatten ausschließlich Firmenklientel. Zu unseren Kunden gehörten zum Beispiel DHL, IBM, PPF und InBev. 10 Jahre stellten wir exklusiv die Beförderung für ExxonMobil in ganz Europa sicher. Was eine Referenz war, die mir später auch die Tür ins Bus-Business öffnete. Wir sind auch für Filmstudios gefahren und haben auch staatliche Aufträge bekommen. Für die Abteilung für den Schutz verfassungsrechtlicher Funktionäre stellten wir bspw. den gesamten Transport für die Begleitung von Barack Obama während seines Besuchs in Prag sicher, was vier Flugzeuge voller Leute waren. Das Gleiche taten wir beim Besuch von Hillary Clinton.
Was war zu Beginn des Unternehmens am schwersten? Neue Kunden zu finden?
Am schwersten sind immer und überall die Menschen. Das Verhalten der Leute, die Suche nach guten Mitarbeitern. Ein riesiges Problem ist der menschliche Neid, linke Dinger von der Konkurrenz, Diebstahl in der Firma. Ich musste mich mit Anschwärzen, Niedertracht, der Entsendung aller möglichen Kontrollen und auch der Polizei auseinandersetzen. Der eigentliche Gewinn der Kunden war für mich paradoxerweise ziemlich einfach, weil wir durchweg für ausländische Firmen gearbeitet haben, die nicht an irgendwelche osteuropäischen Praktiken gewöhnt waren. Und ich habe ihnen etwas angeboten, was es zu dieser Zeit nicht gab – saubere, sichere und sehr hochwertige Wagen, anständige Fahrer, bei denen es nicht vorkam, dass sie in Pantoffeln oder in Shirt und Shorts gefahren wären, und direkt im Auto die Möglichkeit, mit einer beliebigen Zahlungskarte zu zahlen oder auf Rechnung zu fahren… Das waren Attribute, die zu dieser Zeit eine Besonderheit darstellten. Daher flogen die Kunden uns mehr oder weniger von selbst zu. Darüber hinaus ist einer meiner großen Vorteile, dass ich lange Jahre im Ausland gelebt habe, ich kenne die Mentalität verschiedener Nationen und ihre Kommunikationsweise. Jedes Business, das ich mache, mache ich unter langfristigem Gesichtspunkt, nicht jetzt und hier schnell etwas verdienen und was in einer Woche wird, interessiert mich nicht. Ich sage die Dinge immer geradeheraus so, wie sie sind, was die Kunden schätzen. Damals habe ich ihnen gesagt: Wir sind nicht die billigsten, aber wir bieten Ihnen Qualität, Sicherheit und Seriosität. Unser Motto lautete: „Feel the difference“. Und das hat damals funktioniert, und es funktioniert auch heute. Während zu Anfang um die 10 Fahrer für mich gefahren sind, waren es am Ende mehr als 100. Wir hatten 8500 Aufträge monatlich.
Wie hat das die Konkurrenz aufgenommen, die zu dieser Zeit vor allem aus den unrühmlich bekannten Prager Taxifahrern bestand?
Begeistert waren sie nicht. Mehrfach wollten sie mir die Autos anzünden, einmal haben sie mir sogar ein Auto gestohlen. Die Wende kam nach einem Vorfall, als ich für einen hochgestellten Manager gefahren bin, und weil irgendeine gute Seele den Taxifahrern einen Wink gegeben hat, haben vier „Helden“ am Flughafen an der Tankstelle auf mich gewartet. Sie wollten mir eine Lehre erteilen – mir, einem Bauernburschen aus dem Böhmerwaldvorland, der in China den Spitznamen „Weißer Bär“ hatte. Damals bin ich nicht weggelaufen und habe mich ihnen gestellt. Ich habe das mit den ersten beiden erledigt, und die anderen beiden haben dann verzichtet. In Prag hat das schnell die Runde gemacht, und seit dieser Zeit hatte ich mehr oder weniger Ruhe. Später hat mir noch jemand meinen ersten Bus angezündet, das war auch nicht gerade angenehm. Ich bemühe mich heute eher, diese schlimmen Sachen zu vergessen, auf der anderen Seite hat mich das aber noch mehr gestählt und mir nur bestätigt, dass der Weg, den ich eingeschlagen habe, der richtige ist.
Den zweiten Teil des Interviews mit Pavel Steiner finden Sie HIER.
Foto: Umbrella Mobility/Greta Blumajerová und Archiv von Pavel Steiner